Vienna City Marathon 2006 (7. Mai 2006)

Angefangen hat der Tag um 6:30 mit aufstehen und danach frühstücken. Eine halbe Stunde später war ich fertig angezogen und musste nun nur mehr warten, bis es halb acht wird, damit ich aufbrechen und mich mit Tom und Ilse in Heiligenstadt treffen konnte.
Um ¼ 8 dann der Anruf von Ilse, ob es mir etwas ausmachen würde, wenn wir uns gleich in der Spittelau treffen würden.
Ich also in Heiligenstadt in die U-Bahn und dann bei der Ankunft in der Spittelau gleich schauen, ob ich die beiden wo erspähe, damit wir nicht 7-8 Minuten auf die nächste U-Bahn warten müssen. Zum Glück hatte Tom seinen USC-Trainingsanzug an, den ich von weiten schon erkannte. Also raus aus dem Wagon, zu den anderen laufen, sie mit den Worten „Grias euch, foa ma glei weida“ begrüßen und wieder einsteigen. Beim Umsteigen in die U1 zeigten sich zum ersten Mal die Massen, die zum Start unterwegs waren. Eine vollgestopfte U-Bahn, ähnlich dem, was man erlebt, wenn man zum Donauinselfest mit dem 31er fährt. Umfallen nicht möglich.
Bei der Alten Donau raus und der Masse nach. Blick auf die Uhr: 8:15. Die Traininghosen beim Kleidertransport abgeben und in den Startblock begeben. Warten. Um 8:45 nochmals pinkeln und die Jacke in Ilses Rucksack verstauen.
Das Startsignal hab ich gar nicht gehört, wir haben erst gemerkt, dass es schon losgeht als man in weiter Ferne den Anfang der Masse in Bewegung sah.
Kaum 7 Minuten später fing der Marathon auch für uns an, als wir die Startlinie überquerten. Und dann war Slalomlaufen angesagt. Nach ca. 500 Metern das erste bekannte Gesicht. Wobei es eigentlich ein bekannter Rücken war, der vorbeilief, das Gesicht haben wir da ja noch gar nicht gesehen gehabt. Es war Andi von der „Drei Männer und eine kleine Lady“-Staffel. Kurzer Smalltalk und dann schon wieder verabschieden. Wir gaben Andi noch ein paar Worte mit auf den Weg: „Zah oh, sunst schaffst eichan Schnid nimma“.
Ich versuchte danach, mich von Tom zu lösen, immerhin wollte ich ja schneller sein als er.
Die ersten Kilometer vergingen recht schnell, und ich war mit 5:30 doch etwas unter meinem vorgenommenen Schnitt von 5:40 pro Kilometer. Da es mir aber so hervorragend ging behielt ich das Tempo einfach bei. Kurz vor dem Rauslaufen aus dem Prater  (ca. km 4) hörte ich plötzlich: „Wia geht’s?“  Ein Blick zur Seite, Tom gesehen und geantwortet: „Eh guad“. Ich fragte mich noch, wie es das gab, dass er schon wieder zu mir aufgeschlossen hatte (Nach dem Rennen erfuhr ich, dass er sogar schon einmal pinkeln gewesen war, streng nach Puls lief und mich trotzdem eingeholt hatte. Und das, obwohl ich auch schneller unterwegs war, als ich eigentlich wollte), und Tom erklärte mir noch, dass jetzt gleich die Stelle komme, an der ich 8 Jahre zuvor ein legendäres Foto von uns beiden gemacht hatte.
Kurzer Rückblick zur Erläuterung. 1998 lief Tom seinen ersten Marathon, und ich habe ihn damals begleitet. Damals war dieser Punkt bei ca. Kilometer 35 zu durchlaufen. Ich habe Tom gesehen, bin neben ihm gelaufen, um von uns beiden ein Foto zu machen. Leider wollte die Kamera nicht gleich, und so dauerte es etwas länger, was Tom zu den Worten „Dua weida, i kon nimma locha“ verleitete. Ich hab mir das lange nicht vorstellen können, dass es einen Zeitpunkt gibt, an dem man nicht mehr 10 Sekunden durchgehend lachen kann . Jetzt kann ich’s. Rückblick Ende.
Bei der nächsten Steigung hab ich ihn aber gleich wieder abgehängt, und es ging weiter. Jetzt passierte nichts Spektakuläres, und ich begann schon zu schauen, ob ich Ilse irgendwo sah. Immerhin war als erster Treffpunkt ca. km 11 ausgemacht. Ich sie gesehen, sie mich nicht gleich, ich daher ca. 5 Meter vor ihr „seawas Ilse“ gesagt und mit einem Grinsen im Gesicht vorbeigelaufen. Keinen halben Kilometer später hab ich auch noch 3 Arbeitskollegen von mir gesehen, die Worte „do is a“ gehört, gewunken und mich für die kräftige Anfeuerung mit einer kleinen Verbeugung im Vorbeilaufen bedankt.
Zu meiner eigenen Verwunderung war ich so gut drauf, und so ging es dann auch zügig weiter. Linke Wienzeile rauf, bei Schönbrunn abbiegen und die Mariahilferstrasse hinunter. Kurz vor dem Ende dieser (ca km 20) hörte ich jemanden sagen: „Brauchst wos?“. Andi von der Staffel war neben mir, da er und Thommy Babsi auf ihrem Part begleiteten. „Na. Najo, a bissal a Banane vielleicht“, welche ich dankenswerterweise auch bekam. „Jetzt host uns glei wida eighoid“ sagte Andi und ich freute mich schon darauf, Babsi anfeuern zu können. Gesehen hätte ich sie dann allerdings nicht, wenn Andi sie mir nicht gezeigt hätte. Ich also vorbei mit den Worten „Supa Babsi“, Thommys Frage: „Wos reinst fia am Schnid?“. „5:30“. „Du schaust nemli nu voi supa aus“.
Und so fühlte ich mich auch. Der erste Halbmarathon in 1:56:08, ca. 3 ½ Minuten unter der angestrebten Zeit. Bei km 21,5 sah ich wieder drei mich anfeuernde Arbeitskollegen, was mich natürlich sehr freute.
Zwischen Kilometer 24 und 25 überholte mich dann Thommy wieder, und ich lief meinen lockeren Lauf weiter.
Und dann kam er, der Mann mit dem Hammer. So irgendwo zwischen km 29 und 30. Die Oberschenkel und die Waden taten plötzlich ziemlich weh, und ich wusste, dass jetzt der Kampf beginnen würde. Zu allem Überfluss lief ich jetzt auch noch in den Prater ein, wo es von der Stimmung her nicht sehr besonders war, was mir auch nicht gerade geholfen hat. Nach ca. 32 km kam mir Michi entgegen, den ich ein bisschen anfeuerte, soviel es eben noch ging (Ich hab also alle 4 Staffelteilnehmer auf der Strecke getroffen, was ich eigentlich nicht für möglich hielt).
Bei der Verpflegstelle km 35 bin ich zum ersten Mal wirklich stehen geblieben, ein Becher Gatorade, ein Becher Cola, ein Becher Wasser und ein Stück Banane, und weiter ging die Qual. Bei 35,5 sah ich Ilse wieder, die mich brav anfeuerte: „Du bist supa untawegs, da Tom is scho 5 Kilometa hinta dia“. Mir kam nur ein „I bin komplett hi“ über die Lippen. Aber wie konnte Tom 5 km hinter mir sein. (Die Lösung ist, dass bei ihm ab km 15 nichts mehr ging, er aber tapfer weiterlief und schließlich von km 25-30 gegangen ist, um sich mit Ilse zu treffen). Ich war mir also sicher, dass mich Tom nicht mehr einholen würde, und ich damit ab dem Zieldurchlauf  Rekordhalter der Familie sein würde. Meine eigenen Ziele hatte ich von unter 4 Stunden laufen bereits auf durchkommen und schneller als Toms Bestzeit sein korrigiert.
Als ich also nach etwas mehr als 35 Kilometern den Prater endlich wieder verließ, ging’s mir beim Laufen auch wieder besser. Ich lief bestimmt um einiges schneller als die letzten 5 Prater-Kilometer. (Als ich die ausgewerteten Kilometerzeiten später sah, wurde ich aber eines Besseren belehrt. Auf 5 Kilometer noch 2 Minuten langsamer als die letzten 5. War ich da geistig schon so umnachtet?). Bei Kilometer 39 spürte ich plötzlich ein Ziehen an der Rückseite des rechten Oberschenkels. Scheiße, jetzt nua kann Krompf griagn. Ich erinnerte mich an Thommys Erzählung, was man beim Radfahren im Falle eines Krampfes tun soll: „Afoch weidatrettn, dea vageht eh wieda“. Also legte ich diese Weisheit aufs Laufen um, und hoffte, dass es funktionierte. Und das tat es auch.
Ab km 40 wollte ich eigentlich versuchen, wieder etwas Tempo zu machen, immerhin ging es ja nur mehr 2 Kilometer. Allerdings hatte mein Geist diese Rechnung ohne meinen Körper gemacht. Der wollte nämlich nicht.
Also lief ich in meinem Schneckentempo weiter (die letzten 2,2 km in 16:19). Die Kilometertafel 41 kam dann einfach nicht in Sichtweite. Das gibt’s doch nicht, nach der nächsten Kurve kommt doch schon der Heldenplatz. Die hab ich bestimmt übersehen. Leider nicht. Sie kam nach der nächsten Kurve und nicht das Ziel. OK, schön langsam konnte ich nicht mehr, und außerdem wurde mir schon leicht schwarz vor Augen. Nur nicht kollabieren, immerhin hab ich am Vortag noch mit Michi drüber gesprochen, dass das Charly mal passiert ist. Also hab ich mich voll aufs Laufen konzentriert, und so ist es dann auch gegangen. Beim Abbiegen vom Ring zum Heldenplatz wurde ich nochmals angefeuert (von der Gössl-Staffel, wobei ich nur Babsis Stimme erkannt habe. Später erfuhr ich dann, dass ich sie erst beim dritten oder vierten Mal Schreien gehört habe. Meinen Arbeitskollegen ging es dabei noch schlechter, die hab ich zu dem Zeitpunkt gänzlich ignoriert. Ich sag nur ferngesteuert).
Das Ziel durchlaufen, auf die Uhr geschaut, ganz zufrieden gewesen, dass ich’s geschafft hab, die Finisher-Medaille umhängen lassen, fast einen halben Liter Mineral  auf ex getrunken, das Sackerl mit der Ziel-Verpflegung abgeholt und dann erst mal hingesetzt in der Hoffnung, auch wieder alleine aufstehen zu können.   Hat funktioniert. Danach bin ich auf den Heldenplatz hinausgegangen,  hab mich ca. 5-10 Minuten in die Wiese gelegt (bin dabei sogar leicht eingeschlafen) und hab mich dann auf die Suche nach den Anderen begeben und sie auch gefunden.

Alles in allem war es sehr schön, und ich sag mal, dass mich der Marathon bestimmt wieder sieht.